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Arbeite mit deinem Gehirn, nicht dagegen!

 Das Leben oder auch wir selbst stellen häufig Anforderungen an uns, die uns schwer fallen. Häufig weigert sich ein Teil von uns, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Es gibt Widerstände, welche wir oft als den inneren Schweinehund bezeichnen und mit Willensschwäche und Faulheit assoziieren; Beides Dinge, die in unserer Gesellschaft verpönt sind.

Viele versuchen mit "brute force" gegen diese Widerstände zu arbeiten und sich zu zwingen, was...mehr oder weniger effektiv ist. Darunter leiden besonders Menschen, die durch Krankheit, Neurodivergenz oder Ähnliches eingeschränkt sind und es dadurch schwerer haben "ihr Leben auf die Reihe zu bekommen" als Andere. 

Ich sollte doch...Ich muss doch...Andere schaffen es doch auch...Warum krieg ich das nicht hin?

Die resultierenden Selbstvorwürfe in Kombination mit dem Kampf gegen die eigenen Widerstände zehren dabei genau an den Kräften, die man braucht, um die Sache zu tun, die man eigentlich tun wollte. Dazu benötigt man oft auch mehr Energie, sich aufzuraffen eine Mail zu schreiben, als die Mail tatsächlich zu schreiben. Sich dauerhaft selbst zu Dingen zu zwingen ist so gesehen komplette Energieverschwendung, die im schlimmsten Fall zu Burnout führt.

Lass das also mal versuchen nicht zu machen. 

Wenn man eine Angewohnheit loswerden will, muss man sie durch etwas ersetzen, was dasselbe Bedürfnis erfüllt. Mein Bedürfnis war grob gesagt, Dinge hinbekommen, die ich mir vornehme. Ich habe (größtenteils) aufgehört gegen mein Gehirn zu arbeiten und stattdessen angefangen mit ihm zu arbeiten. Ich habe mich selbst zu meinem eigenen Versuchskaninchen gemacht. Ich hoffe es hilft wem. Bitte.

Die Basis: Sich selbst beobachten und lernen
Einmal die offensichtlichsten Sachen aus dem Weg: Wenn ihr die Möglichkeit habt, an einen Therapieplatz oder ggf. eine Diagnose zu kommen, tut euch selbst den Gefallen und nimmt das wahr. Ansonsten bin ich die 864. Person die euch sagt, dass ihr unbedingt Journaling und Meditation betreiben sollt, wenn ihr es könnt. Wenn das genau die Sachen sind, gegen die sich euer Kopf wehrt, keine Sorge. Das geht mir genau so. Welche Möglichkeiten gibt es noch?

1. Beobachtet euch in eurem Alltag. Was funktioniert, was funktioniert nicht? Welche Sachen geben/nehmen Energie? Was gibt/nimmt mir Motivation?

2. Lernt wie Das Hirnfunktioniert. Unser Gehirn ist unser Freund. Es will uns nicht schaden, sondern helfen. Deswegen nimmt es zum Beispiel den Pfad des geringsten Widerstandes. Es werden Dinge genutzt, die gerade vorhanden sind und Angewohnheiten, weitergeführt, die eingefleischt sind, statt plötzlich neue Dinge zu lernen. Es möchte damit Entscheidungskraft sparen. Es möchte uns Dopamin geben und die einfachste Möglichkeit dafür, ist das Handy, dass direkt in unserer Hand ist. 

Das sind einige Informationen, die für mich und meine Ziele wichtig waren. Behaltet immer im Kopf, dass Das Hirnvon neurodivergenten Menschen anders funktioniert, als das von neurotypischen Menschen.

Selbstreflexion ist die Basis dieses Projektes. Ihr werdet euch immer wieder selbst beobachten müssen. Das ist schließlich ein Experiment.

Baut euch einen Werkzeugkasten:
In diesen Werkzeugkasten kommen alle Tipps und Tricks, die für euch grundlegend funktionieren. Dafür könnt ihr die Informationen benutzen, die ihr vorher über euch und Das Hirngelernt habt. Hier sind zum Beispiel einige Dinge in meinem Werkzeugkasten:

- Damit ich den Tag nicht mit Doomscrolling starte, schläft mein Handy nicht in meinem Zimmer. Stattdessen liegt in meiner Nähe ein Notizbuch und ein Stift.

- Wenn ich mental stecken bleibe, geh ich in den Park und mache da gar nichts.

- Musik für Motivation, Musik für Konzentration

Eure Werkzeuge müssen nicht in jeder Situation funktionieren. Ich kann auch kein Brett mit einem Hammer sägen. Manchmal brauche ich zum Arbeiten meinen festen regulären Platz, manchmal brauche ich neue Stimulation und muss mir eine Höhle bauen oder in der Badewanne schreiben. Um das zu merken, muss ich mich beobachten.

Passt eure Erwartungen an
Sorry, aber du erwartest wahrscheinlich zu viel von dir. Ich habe gerade Muskelkater in Beinen, Bauch und Rücken. Dazu bin ich erkältet. Sollte ich heute einen Marathon laufen? Offensichtlich nicht. Und selbst wenn ich Sport machen würde, wäre mir klar, dass ich nicht dieselbe Leistung erwarten kann, wie sonst. Der Körper braucht Zeit um sich zu erholen. Er sendet uns deutliche Signale und wenn wir die ignorieren, nimmt er sich diese Zeit irgendwann einfach.

Mit dem Geist ist es dasselbe: Wenn wir uns keine Pause nehmen, kann er nicht mehr arbeiten. Wir können uns nicht motivieren oder konzentrieren. Wenn wir Erschöpfung mit Faulheit verwechseln und die Signale unseres Kopfes ignorieren, landen wir wie bereits erwähnt im schlimmsten Fall beim Burnout.

Wenn ich weiß, dass ich morgen eine Aufgabe habe, die extrem anstrengend und schwierig für mich ist, nehme ich mir besser nicht noch 10 andere Aufgaben vor und nutze den Tag danach zum Ausruhen, wenn das möglich ist. Wenn ich eine besonders stressige Zeit habe, rutsche ich manchmal in schlechte Angewohnheiten, die ich eigentlich abgelegt hatte. Und das ist an sich erst einmal okay. Das ist der Weg, den mein Kopf sich sucht, um abzuschalten. Wenn ich das beobachtet  habe ;), kann ich versuchen Stress rauszunehmen oder andere Werkzeuge aus meiner Toolbox holen

Disclaimer:
Ich hab keinerlei Qualifikationen. Wenn ihr einen großen psychischen Leidensdruck habt, sucht euch bitte professionelle Hilfe. Außerdem ist mir bewusst, dass nicht jeder Tipp für alle zugänglich ist und die Möglichkeit zur Selbsthilfe in einem System, dass viel zu viel von uns erwartet, auch nur begrenzt ist.

Kommentare

  1. Das ist ein unfassbar guter und wertvoller Beitrag den ich viel zu spät erst zu lesen geschafft habe. Danke fürs schreiben und teilen.

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